Hast du dich jemals überwunden…
…jemandem von deinem Erlebnis mit psychischer Gewalt zu erzählen – vielleicht einem Seelsorger oder geistlichen Leiter – in der Hoffnung auf Verständnis, Trost und biblische Wegweisung?
Und bist dann nach dem Gespräch nach Hause gegangen – mit noch mehr Verwirrung, Schuldgefühlen und dem quälenden Gedanken, vielleicht selbst an deinem Leid schuld zu sein?
Du bist damit nicht allein.
Die Wahrheit ist: Manche Formen christlicher Beratung können – ohne es zu wollen – dieses Trauma sogar vertiefen, statt Heilung zu bringen.
Was ist psychische Gewalt?
Psychische Gewalt – manchmal auch seelische oder emotionale Gewalt genannt – ist eine Form von Misshandlung, bei der nicht der Körper, sondern die Psyche und das Selbstwertgefühl einer Person angegriffen werden.
Sie kann genauso verletzend und langfristig schädigend sein wie körperliche Gewalt, auch wenn sie von außen oft schwerer zu erkennen ist.
Mögliche Folgen sind:
- tiefe Verunsicherung
- Angstzustände
- Depressionen
- Schlafstörungen
- sozialer Rückzug
- ein gestörtes Selbstbild
Viele Betroffene beginnen, sich selbst die Schuld zu geben und zweifeln an ihrer eigenen Wahrnehmung.
Weil keine sichtbaren Verletzungen vorhanden sind, wird psychische Gewalt häufig verharmlost oder übersehen – sowohl von Außenstehenden als auch von den Betroffenen selbst.
Heute möchte ich dir zeigen:
- warum bestimmte Ratschläge aus der Seelsorge Missbrauchssituationen verschlimmern,
- wie du „fromme“ Worte erkennst, die in Wirklichkeit schädlich sind,
- und was echte, biblisch fundierte Hilfe bei Missbrauch wirklich bedeutet.
Das Problem mit gut gemeinter, aber falscher Seelsorge
Ich glaube, dass viele geistliche Leiter und Berater von Herzen helfen wollen. Die wenigsten wollen absichtlich Schaden anrichten.
Aber wenn es um psychische Gewalt in einer Ehe, Partnerschaft, Eltern-Kind-Beziehung oder in beruflichen Beziehungen geht, reichen gute Absichten nicht aus.
Ohne ein klares Verständnis dieser Gewaltform und einer gesunden, bibeltreuen Auslegung können sogar wohlmeinende Worte verheerend wirken.
Ich habe schon unzählige Berichte gehört von Menschen, die unter psychischer Gewalt litten und in der Seelsorge Antworten bekamen wie:
„Vergeben bedeutet, zu vergessen, was geschehen ist – sonst bist du bitter.“
„Denk daran: Auch du bist ein Sünder – wir alle machen Fehler.“
„Bete einfach für die Person und überlass alles Gott. Es ist nicht deine Aufgabe, etwas zu ändern.“
Diese Aussagen mögen auf den ersten Blick geistlich klingen. Doch sie verkennen zutiefst, wie psychische Gewalt wirkt – und sie widersprechen dem, was Gottes Wort wirklich über gesunde Beziehungen, klare Grenzen und Gerechtigkeit lehrt.
Was wahre biblische Hilfe bei psychischer Gewalt ausmacht
Die Bibel ruft uns zu Vergebung auf – aber Vergebung bedeutet nicht, Gewalt oder Missbrauch zu dulden oder in einer zerstörerischen Beziehung zu bleiben.
Jesus selbst hat Grenzen gesetzt: Er entzog sich denjenigen, die ihm schaden wollten (Johannes 8,59) und nannte Unrecht beim Namen (Matthäus 23).
Echte, gesunde Seelsorge bei psychischer Gewalt…
- nimmt das Leid ernst und verharmlost es nicht
- gibt dir nicht die Schuld für die Sünde oder das Verhalten des Täters
- ermutigt zu gesunden Grenzen (Sprüche 4,23: „Mehr als alles andere behüte dein Herz…“)
- hilft dir, Sicherheit herzustellen – emotional, geistlich und ggf. auch körperlich
- begleitet dich in einem Heilungsprozess, der Zeit braucht
- führt dich näher zu Gott, statt dich mit falschen Schuldgefühlen von Ihm zu entfernen
Gott ist nicht der Urheber von Gewalt oder Missbrauch.
Er steht auf der Seite der Unterdrückten (Psalm 34,19: „Der HERR ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind…“) und ruft sein Volk dazu auf, Unrecht zu benennen und den Schwachen beizustehen (Jesaja 1,17).
Wenn du psychische Gewalt erlebst oder erlebt hast, darfst du wissen:
- Du bist nicht schuld an der Sünde des Täters.
- Du darfst dich vom Täter distanzieren oder den Kontakt ganz abbrechen. Spreche mit Gott im Gebet darüber.
- Du darfst dich schützen.
- Du darfst Hilfe annehmen.
- Und Gott liebt dich – so wie du bist, ohne Bedingungen.
